Sebastian Kurz, der Großmeister des Floriani-Prinzips
Gerade in Österreich ist das Floriani-Prinzip stark verankert, die Bitte an den Heiligen Florian, das eigene Haus von Feuer zu verschonen und statt dessen ein anderes Haus anzuzünden. Sebastian Kurz dürfte dieses Prinzip zur Handlungsmaxime erhoben haben. Anstatt sich substantiell mit potentiellen Bedrohungen oder Gefahrenlagen auseinanderzusetzen und tragbare Lösungen zu erarbeiten, versucht er diese auf andere abzuschieben.
2015 hatte Sebastian Kurz nach der anfänglichen Floriani-Phase des ‚Durchwinkens’ von Flüchtlingen nach Deutschland auf die Floriani-Phase der Schließung der Grenzen gesetzt, die er euphemistisch als Schließung der Balkanroute titulierte. Sebastian Kurz schwor die südlichen Nachbarstaaten auf das Floriani-Prinzip ein, so sie nicht wollten, dass sich bei ihnen all die Flüchtlinge im Land stauten, die Österreich nicht über die Grenze lassen wollte. Ein Vorgehen, das nach Möglichkeit schon die Ausreise aus der Türkei, besser noch aus Syrien selbst verhindern sollte – ignorierend, dass diese Menschen vor Krieg, Folter und fehlender Lebensgrundlagen flohen.
Solidarität ist der natürliche Feind des Floriani-Prinzips. Daher verwundert es nicht, dass sich Sebastian Kurz zu keinen Zugeständnissen im Rahmen von Solidaritätsvereinbarungen mehr bereit erklärt. Flüchtlinge in Europa nach einem Verteilungsschlüssel aufzunehmen, kommt ihm ebenso wenig in den Sinn wie Victor Orban, Jaroslaw Kazcinsky, Matteo Salvini, Miloš Zeman und Andrej Babiš, Peter Pellegrini mit Robert Fico im Rücken und vielen anderen rechtsnationalen Politikern.
Sebastian Kurz wird nicht müde zu betonen: ‚Wir haben schon so viele Flüchtlinge aufgenommen, das reicht. Wir waren Weltmeister darin und das muss genügen.’ Bei Sebastian Kurz ist Solidarität mit Flüchtlingen und mit den Nachbarn in der EU zum Kleinkrämerischen verkommen. Kurz ist ein kleinbürgerlicher, altkluger Pragmatiker, der selbstgefällig populistisch agiert, unberührt, was immer auch wo anders passieren mag und was immer das letztlich auch à la longue für Österreich bedeuten mag. Weitsichtigkeit kann man Sebastian Kurz nicht wirklich attestieren. Pragmatiker ist er letztlich wohl auch nicht. Denn jemand, der am Ast sägt, auf dem er sitzt, nur um diesen nicht mit jemanden teilen zu müssen, der gerade den Baum herauf klettert, ist nicht wirklich pragmatisch zu nennen.
Nun erklärt die Österreichische Regierung unter Bundeskanzler Kurz, den UN-Migrationspakt nicht unterschreiben zu wollen, weil der Rechtspopulist Kurz mit dem rechtsnationalen Koalitionspartner FPÖ um die Souveränität Österreichs fürchtet. Das erklärt er, während Österreich den EU Vorsitz inne hat, wohl gezielt, um weitere Boykotteure innerhalb der EU Mitgliedsstaaten aufzuwiegeln. Das ist ihm mit Blick auf Polen und Tschechien, die seinem Beispiel gefolgt sind, auch gelungen. Perfide. Dabei scheut er nicht vor Verkürzungen zurück, die man nicht scheuen sollte, Lügen zu nennen. Dass Österreich die Menschenrechtscharta unterschrieben hat, hat zu keiner Zeit die Souveränität des Staates gefährdet. Warum sollte es ein UN-Migrationspakt, in welchem ausdrücklich festgehalten wird, dass der Pakt rechtlich nicht bindend sei? Migranten solidarische Unterstützung und menschenwürdige Behandlung abzusprechen, ist ein Akt von Menschenfeindlichkeit und moralischer wie ethischer Verwahrlosung.
Übrigens kennt man das Floriani-Prinzip auch im Ausland. Im englischsprachigen Raum gibt es dafür den Ausdruck ‚Nimby’, ein Akronym für ‚Not in my backyard’. Sebastian Kurz verdient den Zunamen Nimby; Nimby Kurz, Bundeskanzler einer imaginierten Insel Austria, eines Landes, das die dunkle nationalsozialistische Vergangenheit gerne verharmlost und ebenso gerne übergeht, wie prominent Österreicher im ‚Großdeutschen Reich’ Karriere machten, beispielsweise Adolf Hitler, Adolf Eichmann, Ernst Kaltenbrunner, Anton Reinthaller, Amon Göth, Aribert Heim, u.v.m. Nimby Kurz wäre gut beraten, wenn schon nicht aus persönlicher Einsicht, so doch aus Staatsräson, in Fragen von Humanität und Menschenrechten keinerlei Zweifel daran zu lassen, dass man aus der Geschichte gelernt hat.
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