Wegen Dauerstreits abgewählt: Groko Deutschland, österreichisches Déja-vu
Ähnlich wie die GroKo in Deutschland war die Große Koalition von SPÖ und ÖVP in Österreich zerstritten. Heftiger und untergriffiger als selbst die Opposition dies tat, bekämpften sich die Regierungsparteien, ließen kein gutes Haar aneinander und diskreditierten sich gegenseitig in aller Öffentlichkeit, zu jeder sich bietenden Gelegenheit – aus Parteiräson, nicht zum Wohl des Landes und seiner Bevölkerung. Getrieben wurde das zusätzlich von Karriereambitionen eines Außenministers Kurz, der selbst innerhalb der eigenen Partei gegen seinen Parteiobmann intrigierte und – man kann es kaum anders nennen – die gemeinsame Regierungsarbeit sabotierte. Da nutzten Kurz und sein Team regelrecht Guerillastrategien, um persönliche Ambitionen und Interessen gegenüber der eigenen Partei und die gemeinsame Regierung durchzusetzen, um sich selbst bei vorgezogenen Wahlen handstreichartig an die Macht zu bringen.
Die Attacken der CSU und hier voran die des Bayerischen Trios Söder, Dobrindt und Scheuer sowie besonders des CSU Innenministers Seehofer haben im Sommer 2018 dem öffentlichen Ansehen der GroKo so enorm geschadet, dass die grundsätzlich erfolgreiche Regierungsarbeit dabei gar nicht mehr wahrgenommen wurde. Diese Grantelei und Untergriffigkeit, getrieben von persönlicher Feindschaft Seehofer gegenüber Merkel hatte aber schon in den Jahren davor dem Image geschadet und letztlich auch dazu beigetragen, dass die Regierungsverhandlungen nach der Wahl 2017 so lange dauerten. Hier haben zweifelsohne Kräfte innerhalb der Regierung alles daran gesetzt, die Regierung zu beschädigen, auch um den Preis der Selbstbeschädigung. Ob das aus Dummheit, falschem Kalkül, verletzter Eitelkeit geschah, wer weiß. Fest steht, dass die CSU bereit war, zum Erhalt einer absoluten Mehrheit in Bayern bei den Landtagswahlen im Herbst 2018 die Kanzlerin und den Koalitionspartner SPD offen zu attackieren, um auf deren Kosten beim Wahlvolk zu punkten. Dass sich die CSU dabei verrechnet hat, ist Geschichte. Dass die CSU daraus etwas gelernt haben könnte, ist zu bezweifeln. Es deutet nichts darauf hin.
In Österreich waren es die Wähler leid. Es interessierte sie nicht einmal, was da genau vorging, welche Machenschaften, Intrigen und Feindschaften es gab. Sie wollten einfach nur, dass das aufhört und dass sich etwas ändert. Sie kippten die Große Koalition, wählten die SPÖ ab, ließen sich aber vom smarten, kreidigen Versprechen eines Kurz, für einen neuen Stil in der Politik zu sorgen, einnehmen. Dass Kurz selbst und einige ÖVP Gefolgsleute, die zuvor schon durch Illoyalität und Untergriffigkeit für Ärger gesorgt hatten, maßgeblich zu den Streitereien beitrugen, interessierte niemanden. Sein kindlich unschuldiges Auftreten wirkte auf viele so betörend, wie seinerzeit, Ende der 60er Jahre, der Schlagersänger Heintje.
Auch deutsche Wählerinnen und Wähler sind des Streits leid, eines Streits, der durch die Medienberichterstattung ähnlich wie in Österreich zum beherrschenden Thema gemacht wurde. Sie wollen, dass es anders wird und sie scheuen nicht davor zurück, Denkzettel auszustellen, auch um den Preis, dass sie das selbst teuer zu stehen kommen könnte.
Eine Lehre, die aus Österreichischen Verhältnissen gezogen werden könnte ist die, dass sich CDU und CSU, die sogenannten Unionsparteien trennen, die Bundestagsfraktion auflösen und beide Parteien deutschlandweit künftig antreten. Weiters wäre es geraten, sich von Parteifunktionären zu trennen, die ihre persönliche Karriere über die Parteiinteressen stellen und dabei keine Rücksicht auf die Folgen für die Regierungspolitik nehmen. Wie in Österreich wird es auch in Deutschland nicht gelingen, Saboteure, Karrieristen um jeden Preis, Streit-Gewinnler und ähnliche Konsorten in den eigenen Reihen zu besänftigen und wieder auf ein gemeinsames Zielt einzuschwören. Sie sehen offenbar ihre Chance gekommen.
Die SPD sollte mit einer zerstrittenen Union nicht weiter koalieren. Sie sollte klar machen, dass eine Koalition nur mit der CDU denkbar wäre, nicht jedoch mit der CSU. Sie sollte für eine Koalition mit den Grünen eintreten, nicht mit der FDP. Und ich bin sicher, dass die Bevölkerung diese Haltung der SPD hoch anrechnen würde und die SPD damit viel an verlorenen Image zurück gewönne, die sie durch Haltungsverlust in der GroKo verloren hat.
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