Bücher lesen, Kunst betrachten und Musik hören ist wesentlich in meinem Leben. Über Jahre erlebte ich, wie sich Eindrücke, Erkenntnisse, Fragen übereinander legten, wie Rilkes wachsende Ringe, die sich über die Dinge ziehn, verwoben und verdichtet. Seit einigen Jahren entgleiten Erinnerungen, entgleitet Wissen und verblassen frühe Einsichten. Das ist eine Herausforderung, damit zurecht zu kommen, zu erleben, dass all das allmählich verbleicht in der Zeit, wie die Buchrücken im Regal, auf die Jahr um Jahr die Sonne scheint.
Tag: "Lesen"
Nur für kurz lege ich Bücher aus der Hand.
Wenn ich sie wieder zur Hand nehme sind oft Jahre vergangen.
Mich packte schon immer, besonders in den letzten Jahren, die Verzweiflung, wenn von gelesenen Büchern, selbst den wichtigen und mehrmals gelesenen Büchern bestenfalls nur noch dürftige Erinnerungen verfügbar sind. Anders, als in meiner Jugend.
Unter der Überschrift Wir lesen bald im virtuellen Raum
, schreibt eine Journalistin der Salzburger Nachrichten: In ein Buch zu versinken und in die darin vorgezeichnete Welt einzutreten, verbindet man zunächst mit einem Vorgang, der nur im Kopf stattfindet. Doch nun wird dieses Eintauchen in ein Buch zur Realität: Mittels VR Brillen werden wir Bücher künftig in einer neuen Dimension erleben können.
Sieht man davon ab, dass VR etwas anderes ist, als die von der Journalistin unterstellte Realität (da hoffe ich, dass sie nie im Politik oder Wirtschaftsressort arbeiten wird) hat sich die Journalistin wohl nie wirklich mit den Fähigkeiten des menschlichen Gehirns auseinander gesetzt und wohl noch viel weniger, mit dem Prozess, wie VR produziert wird. Es ist betrüblich, in welchem Maße Journalist*innen die Fähigkeit zum kritischen Denken abhanden kommt, von kritischem Journalismus, der ohne kritisches Denken nicht vorstellbar ist, ganz zu schweigen.